Rap ist ein gutes Mittel, eigene Wünsche, Gefühle und Ziele zu formulieren – und andere Meinungen in der Gruppe zu respektieren … An Neuköllner Schulen rappen keine pseudo-coolen Gangster, im Gegenteil, die Jugendlichen beschäftigen sich mit Sprache und erschließen sich neue Perspektiven. Da Texte und Themen sehr persönlich und geschlechtsspezifisch sind, haben wir die AGs für Mädchen und Jungs getrennt. Professionelle Anleitung bekommen Schülerinnen am Schulstandort Campus Efeuweg von der dänischen Rapperin Valeria Djurhuus alias OKARA und die Schüler von Jamal Kamano alias konTa. Der französische Rapper Pablo Charlemoine unterstützt die AGs mit politischer Bildung. Pablo und Jamal begleiteten in den vergangenen Schuljahren die Jungs-Rap-AG, die mit einem eigenem Video-Clip und mehreren Songs reüssierte.

 

Jungs-RAP AG mit Jamal

Jamal (Kamano) arbeitet im Schuljahr 2017/18 für Vincentino im Rap Workshop am Campus Efeuweg in Süd-Neukölln meist mit 5 Jungs aus dem 7. Jahrgang - hauptsächlich an Rap texten.

Sie schreiben an einem Lied und reflektieren dabei die Lebenswahrnehmung der Jugendlichen. Zu Anfang hat er mit den Schülern ein Brainstorming gemacht um herauszufinden was sie beschäftigt und worüber sie gerne Texte schreiben möchten. 

Dabei standen im Fokus: Krieg, die Familie, Drogenmissbrauch und Geld machen mit dem Handel von Drogen, Respekt vor Frauen/Mädchen, Prostitution und die Herkunft sowie das Aufwachsen in Deutschland mit Migrationshintergrund, Ansichten zu Grenzen und die Frage um das Land Kurdistan. Aus dem gesammelten Input haben sie nun einen Song gebastelt und wollen diesen bald professionell im Studio aufnehmen. 

Das Rappen und die Themen, die die Jugendlichen auswählen, geben immer wieder Anlass zu Diskussionen. Mit Jamal tauchen sie in diese Themen ein und recherchieren zu den Inhalten im Internet.

Sie befassen sich mit aktuellen Geschehnissen aus der deutschen Rap Szene, aber auch mit allgemeinen Dingen, zu denen Diskussionsbedarf besteht. Wenn das Rappen mal zuviel wird, schauen sie aktuelle Videoclips an und erörtern diese im Anschluss. Oder sie gehen mal raus auf den Hof und spielen eine Runde Basketball. Auch Eis essen lockte einmal, aber dann hat sie das Rappen doch wieder gepackt.

Jamal mag besonders das Aufnehmen mit den Jungs: „Gerade mit denen, die sich nicht trauen aus sich herauszugehen, ist es ein tolles Erlebnis zu sehen, wie sie dann doch ihren Text rappen und auch nach ein paar Anläufen etwas Gutes abliefern.“

„Super, wie sie dann ihre Texte anhören und begeistert sind. Sogar stolz drauf! Dann spiele ich ihnen meist ihren Part des Songs auf das Handy und sie können ihn auch Freunden vorführen.“

„Manche Schüler sind hibbelig und wollen immer im Vordergrund stehen. Diese, oder auch einfach technisch interessierte Schüler, bekommen von mir die Aufgabe das Aufnahmeprogramm zu bedienen. Es ist auch immer schön zu sehen, wenn das klappt und sich die Energie der Schüler von einem eher destruktivem Verhalten der Gruppe gegenüber, in positives Handeln umwandeln lässt.“

„Ich denke, wenn ich in den Kids die Begeisterung wecken kann statt Gewalt verherrlichender frauenfeindlicher Texte (also dem Rap-Klischee entsprechende Themen) tiefsinnigere, eher poetische Lyrics zu verfassen und zu verstehen, was dahinter steht, ist ein großer Teil meiner Aufgabe erfüllt...“  Das finden wir bei Vincentino auch!

 

Mädchen-RAP AG mit Valerie

Two Harmonies - im Schuljahr 2017/18 haben wir eine neue Mädchenrap-Gruppe am Campus Efeuweg gegründet. Ihre Chefin ist die dänische Rapperin Valerie Djurhuus alias OKARA. Valerie hat Islamwissenschaften studiert und setzt sich für Gendergerechtigkeit ein. Das Hauptthema der Mädchengruppe ist Selbstbestimmung. Die Schülerinnen und Valerie haben gemeinsam recherchiert, was es heißt über Werte und den eigenen Körper selbst zu entscheiden. Aus diesen Recherchen entstanden Texte für ihre Rap-Songs. Als Mädchen und/oder junge Frau wird man stark damit konfrontiert, dass der weibliche Körper instrumentalisiert wird und das in mehreren Kontexten:

„Darf ich Fussball spielen, denn es ist doch für Jungs?“, „Bin ich eine Schlampe?“, „Wo beginnt Gewalt?“, „Was wünsche ich mir eigentlich für meine Zukunft?“ sind die Fragen, die die Mädchen beschäftigen.

Diese Fragen haben wir versucht in der Gruppe zu beantworten, um die dazugehörenden Tabus zu brechen. Wir haben ein Lied geschrieben und hier ist das Intro: 

„Ich bin ein Mädchen und ich kenne meine Grenze.

Wenn ihr sie vergessen habt, kann ich sie ergänzen

Ich weiß, ich habe das Recht nicht geschlagen zu werden.

Ob in der Schule oder auf die Strasse, denn ich bin ein Mädchen auf der Erde!“

Mit einer Menge Spaß bei Reimspielen und Bewegung haben sich die Teilnehmer*innen der neuen Gruppe gegenseitig interviewt und die Frage gestellt: „Was bedeutet es für dich zu rappen?“. Die Antworten werden Teil der Aufnahme sein, die wir am Ende des Projektes machen und untereinander teilen oder auch veröffentlichen. Die Mädchen haben jetzt richtig Lust zu rappen und sich den Raum dafür anzueignen. Sie wollen gehört werden!

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